Festkörperreaktionen unter elektrischen und chemischen Potentialgradienten

  • Untersuchung von gemischt ionisch-elektronischen Festoxiden
  • Nanoskopische Analyse von lokalen Leitungspfaden und Redox-Reaktionen
  • Aufklärung von Degradationsmechanismen in Festoxidelektrolysezellen

Die Analyse von Festkörperreaktionen in Übergangsmetalloxiden ist von fundamentaler Bedeutung für das Verständnis von Degradationsprozessen in Festoxid-Energiewandlern (Solid Oxide Cells, SOCs). Insbesondere wenn SOCs im Elektrolysemodus betrieben werden, kann das Auftreten von Gradienten des chemischen und elektrischen Potentials zu Segregation und Phasenumwandlung führen, was die Lebensdauer der Energiewandler limitieren kann. Um aufzuzeigen, wie solche Phänomene verhindert werden können, führen wir Degradationsuntersuchungen an ausgewählten Modellsystemen durch. Um lokale Transports- und Segregationsphänomene in Übergangsmetalloxiden nachweisen zu können, setzen wir ortsauflösende Methoden wie Elektronenmikroskopie mit energiedispersiver Röntgenspektroskopie, Fluoreszenz-Mikroskopie oder Leitfähigkeits-Rasterkraftmikroskopie ein. Als Modellmaterial für den Festelektrolyt verwenden wir den Sauerstoffionenleiter Y-stabilisiertes ZrO2 (YSZ) und als Modellmaterial für gemischt ionisch-elektronisch leitende Elektroden verwenden wir SrTiO3 als klassisches dielektrisches Festoxid mit Perowskitstruktur.

Optische Mikroskopie einer YSZ-Dünnschicht im Verlauf der Elektrodegradierung. Die Entstehung von geschwärzten Bereiche ist eine Folge der lokalen Reduktion des Materials.
Abb. 1: Optische Mikroskopie einer YSZ-Dünnschicht im Verlauf der Elektrodegradierung. Die Entstehung von geschwärzten Bereiche ist eine Folge der lokalen Reduktion des Materials.

Wir fokussieren uns auf Untersuchungen mittels Elektroreduktion bei denen Festoxidproben unter reduzierenden Bedingungen elektrisch polarisiert werden. Abb. 1 zeigt ein Beispiel eines solchen Experiments an einer YSZ-Dünnschicht, bei der ein elektrischer Potentialgradient zur Ausbildung einer Reduktionsfront führt, die sich den lokalen Feldlinien folgend von Kathode zu Anode ausbreitet. Durch die Reduktion des Materials verändert sich lokal die elektronische Struktur was sich auf die optische Transparenz des Materials auswirkt und so als „Blackening“-Effekt sichtbar wird.

In SrTiO3 hingegen konnten wir zeigen, dass ausgedehnte Defekte wie Versetzungen oder Korngrenzen einen großen Einfluss auf die Elektroreduktion haben. Da an Versetzungen besonders einfach Sauerstoffleerstellen erzeugt werden können, die lokal durch Elektronen kompensiert werden, findet im ersten Stadium der (Elektro-)Reduktion eine filamentären Kanalisierung des elektronischen Stroms entlang des vorhandenen Versetzungsnetzwerks statt. Dieser Effekt ist in Abb. 2 illustriert. Hier wurde die Versetzungsdichte in einer Linie zwischen den Elektroden durch mechanische Bearbeitung erhöht. Im Vergleich zur unbehandelten Referenzprobe zeigt das während der beginnenden Elektroreduktion aufgenommene Wärmebild eine deutlichen Erhöhung der jouleschen Wärme und somit eine Kanalisierung des Stromflusses entlang des Bereiches hoher Versetzungsdichte.

Abb. 2: Infrarot-Thermographie eines SrTiO3-Einkristalls während der Elektroreduktion. Die Existenz eines versetzungsreichen Kratzers (b) führt im Vergleich zu einer unbehandelten Probe (a) zu einer deutlichen Kanalisierung des Stromflusses.
Abb. 2: Infrarot-Thermographie eines SrTiO3-Einkristalls während der Elektroreduktion. Die Existenz eines versetzungsreichen Kratzers (b) führt im Vergleich zu einer unbehandelten Probe (a) zu einer deutlichen Kanalisierung des Stromflusses.

Literatur

[1] Rodenbücher et al. J. Phys. Energy 2020, 2, https://doi.org/10.1088/2515-7655/ab6b39.

[2] Rodenbücher et al. Sci. Rep. 2019, 9:2502, https://doi.org/10.1038/s41598-019-39372-2.

Letzte Änderung: 23.01.2023