Blick in bisher ungeahnte Tiefen

Durchbruch in der Photoemissionsspektroskopie ermöglicht elektronische Untersuchungen im Kristallinneren

Jülich, 18. August 2011 – Physikalische Eigenschaften fester Stoffe beruhen auf elektronischen Zuständen im Materialinneren. Diese Zustände in bisher ungeahnter Tiefe zu untersuchen, gelang nun einem internationalen Forscherteam unter Jülicher Beteiligung. Die Ergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature Materials" nachzulesen (doi:10.1038/nmat3089). Im kommentierenden "News and Views"-Artikel wird der Methode ein beträchtliches Potenzial für die Materialforschung vorhergesagt.

Die Forscher aus Deutschland, den USA und Japan nutzten für ihre Messungen die etablierte Methode der winkelaufgelösten Photoemissionsspektroskopie. Die Methode wird seit den 1970er-Jahren angewandt. Wissenschaftler bestrahlen dabei Proben mit Licht; dadurch lösen sich Elektronen aus dem Material. Die Winkel- und Energieverteilungen der austretenden Elektronen geben Informationen über die elektronischen Zustände der Probe, zum Beispiel die Position und Bewegung von Elektronen oder magnetische Eigenschaften.

Dies war bisher aber nur für die obersten fünf bis zehn Atomlagen an Oberflächen möglich. Aus tieferen Schichten gelangten zu wenige Elektronen in die Detektoren der Messgeräte. Die an dem Projekt beteiligten Wissenschaftler stimmten jetzt am Synchroton SPring-8 in Japan die Lichtquelle so ab, dass möglichst viele Photonen auf kleinster Fläche die Probe erreichten. Experimentalphysiker aus Jülich, Erlangen, Mainz und Berkeley optimierten das verwendete Spektrometer und untersuchten Probenmaterialien mit geringer Gitterschwingung, um möglichst detaillierte Ergebnisse zu erhalten. Theoretische Physiker aus München und Davis entwickelten Modelle, mit denen sich die Messergebnisse interpretieren ließen. Mit dem besonders brillanten Licht hoher Energie von bis zu sechs Kiloelektronenvolt, einem spezialisierten Elektronenspektrometer und geschickt ausgewähltem Probenmaterial konnten die Wissenschaftler dann einen mehr als zehnmal tieferen Blick auf die Elektronen im Inneren von Wolfram und Galliumarsenid werfen.

Schnitt durch die Elektronenverteilung im Inneren von Wolfram
Die Abbildungen zeigen einen Schnitt durch die Elektronenverteilung im Inneren von Wolfram. Die Farbhelligkeit zeigt die Elektronendichte an: je heller, desto mehr Elektronen. Die X-Achse entspricht der Wellenvektorskala, die Y-Achse der Energieskala. Abbildung 1 (oben) zeigt die gemessenen Werte, Abbildung 2 (unten) die berechneten.
Forschungszentrum Jülich/UC Davis/Lawrence Berkeley National Laboratory/Univ. Erlangen-Nürnberg/Nat. Inst. for Materials Science Hyogo/Univ. Mainz/LMU München
Schnitt durch die Elektronenverteilung im Inneren von Wolfram
Abbildung 2: Berechnete Werte
Forschungszentrum Jülich/UC Davis/Lawrence Berkeley National Laboratory/Univ. Erlangen-Nürnberg/Nat. Inst. for Materials Science Hyogo/Univ. Mainz/LMU München

Originalveröffentlichung:

Probing bulk electronic structure with hard X-ray angle-resolved photoemission, A.X. Gray et al, Nature Materials, Online-Veröffentlichung vom 14. August 2011, DOI:10.1038/nmat3089
http://www.news.ucdavis.edu/search/news_detail.lasso?id=9975

Weitere Informationen

Forschung am Peter Grünberg Institut - Elektronische Eigenschaften

Pressekontakt

Angela Wenzik, Wissenschaftsjournalistin, Forschungszentrum Jülich, Tel. 02461 61-6048, E-Mail: a.wenzik@fz-juelich.de

Letzte Änderung: 19.05.2022