Mit dem Elektronen-Shuttle zum skalierbaren Quantencomputer

12. März 2024

Eine große Herausforderung beim Bau eines Quantencomputers ist seine Skalierbarkeit, also die Möglichkeit, Millionen von Qubits miteinander zu verbinden. Im Gegensatz zu Halbleiterchips in klassischen Computern können Quantenchips nicht einfach vergrößert werden. Forschende der JARA-Kooperation des Forschungszentrums Jülich und der RWTH Aachen sowie der polnischen Akademie der Wissenschaften konnten mit der Methode des Elektronen-Shuttles Fortschritte im Vergleich zu früheren Demonstrationen erzielen. Die Ergebnisse wurden in Nature Communications veröffentlicht.

Mit dem Elektronen-Shuttle zum skalierbaren Quantencomputer
Halbleiter-Quantenchip mit Quanten-Shuttle der JARA-Kooperation
Mats Volmer

Wissenschaftliches Ergebnis

Qubits in Quantenchips liegen normalerweise sehr eng beieinander, damit sie gekoppelt werden können. In einer skalierbaren Architektur mit sehr vielen Qubits ist dies jedoch nur begrenzt möglich. Für Zuleitungen und Kontrollelektronik muss zusätzlich Platz auf dem Quantenchip geschaffen werden. Eine Möglichkeit hierfür ist der Einsatz eines Elektronen-Shuttles, mit dem sich größere Entfernungen zwischen Halbleiter-Qubits überbrücken lassen.

In Halbleiter-Qubits wird die Quanteninformation über den Spin von Elektronen kodiert, die sich in so genannten Quantenpunkten befinden – speziellen Halbleiterstrukturen im Nanometerbereich. Das Elektronen-Shuttle ermöglicht es, Elektronen auf den Quantenpunkten einzufangen und kontrolliert zu transportieren, ohne dass die Quanteninformation verloren geht.

Frühere Demonstrationen haben bereits gezeigt, dass einzelne Elektronen mittels eines Elektronen-Shuttles über kurze Strecken transportiert werden können. Die vorliegende Studie konzentriert sich nun darauf, die Spin-Verschränkung eines Elektronen-Spinpaars zu untersuchen, das zunächst getrennt und später wieder verbunden wird. Damit zeigt sich, wie lange die Quantenzustände erhalten bleiben. Die Shuttlegeschwindigkeit konnte dabei im Vergleich zu früheren Demonstrationen um vier Größenordnungen verbessert werden. Gleichzeitig wurde beobachtet, dass die Kohärenz der Qubits erstaunlicherweise länger erhalten bleibt, wenn ein Elektron über längere Strecken bewegt wird. Von außen kommende Störungen, welche die Kohärenz normalerweise reduzieren würden, können über die Zeit herausgemittelt werden. Die negativen Auswirkungen heben sich so teilweise auf.

Mit dem Elektronen-Shuttle zum skalierbaren Quantencomputer
Quantencomputer in der Größe eines Tischgerätes
Forschungszentrum Jülich / Sascha Kreklau

Gesellschaftliche und wissenschaftliche Relevanz

In vielen Bereichen der Wissenschaft gibt es Fragestellungen, die selbst mit den schnellsten Supercomputern nicht berechnet werden können. Quantencomputer haben das Potenzial, solche Probleme in Zukunft zu lösen, da sie eine deutlich höhere Rechenleistung versprechen. Damit Quantencomputer einen tatsächlichen praktischen Nutzen aufweisen, sind Architekturen mit Tausenden, wenn nicht Millionen Qubits nötig. Die Integration eines Elektronen-Shuttles in skalierbare Halbleiter-Architekturen stellt hierfür einen vielversprechenden Ansatz dar, wie die aktuelle Studie belegt. Ein weiterer Vorteil: Sowohl Halbleiter-Qubits als auch das Elektronen-Shuttle sind kompatibel mit der industriellen Gate-Fertigung klassischer Computerchips, die ebenfalls aus Halbleitern bestehen. Die Erkenntnisse können für den Bau eines funktionsfähigen Prototyps mit Halbleiter-Qubits genutzt werden.

Originalpublikation

Struck, T., Volmer, M., Visser, L. et al.
Spin-EPR-pair separation by conveyor-mode single electron shuttling in Si/SiGe. Nat Commun 15, 1325 (2024). https://doi.org/10.1038/s41467-024-45583-7

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    Letzte Änderung: 10.04.2024